DIE "GALLEIEN" AN DER SCHWANENBURG
KLEVER PERSPEKTIVEN


"Kermisdahl" nennt man den alten Rheinarm, der Kleve zusammen mit dem Flüsschen Wetering in einem Halbrund umfließt. Steht man auf dem Papenberg im Südosten der Stadt, so gleitet der Blick hinab auf die malerische Flussaue und über das "Freudental" hinweg – bis hin zur Klever Stadtsilhouette, die sich auf der gegenüberliegenden Anhöhe eindrucksvoll abzeichnet. Wäre die niederrheinische Landschaft tatsächlich überall so flach, wie man ihr nachsagt, so gäbe es dieses reizvolle Bild gar nicht. Aber Kleve liegt in hügeliger Umgebung, und einer Geländekuppe - der "Clive" bzw. dem "Kliff", auf dem es seine Anfänge nahm - verdankt es auch seinen Namen.


Spitzenleistung der Europäischen Gartenkultur
Kein Zweifel: Hier hat man es nicht mit einer gesichts- und geschichtslosen "Grünanlage" zu tun, die Klever Anlagen gehörten vielmehr zu den Spitzenleistungen der europäischen Gartenkultur. Verständlich, dass Johann Moritz in seiner Traumlandschaft auch seine letzte Ruhestätte haben wollte. Daher stößt man noch heute unweit des Papenbergs auf das Grabmal des Prinzen: ein großes Mauerhalbrund, das mit antiken Gefäßen und Steindenkmälern geschmückt ist, dahinter eine schwere, gusseiserne Tumba.
So imponierend diese Grabanlage auch ist, noch vor Kurzem war es für den Betrachter praktisch nicht mehr möglich, den Zusammenhang zwischen ihr und der sie umgebenden Landschaft herzustellen. Nicht dass es in Kleve dazu an Expertenwissen gemangelt hätte. Erst 2005 wurde der Gartenhistoriker Wilhelm Diedenhofen u. a. für seine zahlreichen Beiträge zur Klever Park- und Gartenkultur mit dem "Rheinlandtaler" geehrt. Doch Kultur - und erst recht Gartenkultur - ist nicht nur eine Frage der Wissensvermittlung, sondern vor allem auch des Erlebens.
Dafür aber bot die in Vergessenheit geratene Landschaft am Kermisdahl denkbar schlechte Voraussetzungen. Die so wichtigen Aussichtspunkte waren überwuchert oder verschwunden, Wege teilweise nicht mehr passierbar oder gar nicht mehr vorhanden. Ja, sogar der Kermisdahl selbst war so verschlammt, dass er völlig zu verlanden drohte. Sollte Kleve ausgerechnet seine großartigsten Perspektiven aus den Augen verlieren? Um an dieser Misere etwas zu ändern, stellte Gerlinde Semrau-Lensing 2003 den Bürgerantrag, eine neue Fußwegverbindung von Kleve zum Moritzgrab zu schaffen und eine alte wiederherzustellen. Schon im November 2003 gründete sich der Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering mit dem Ziel, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Die Klever Forstverwaltung unter Hanns-Karl Ganser leistete dabei tatkräftige Unterstützung. Der vom Arbeitskreis erhoffte "Brückenschlag" hin zum Erbe von Johann Moritz wurde schließlich sogar höchst belastbare Realität – in Form einer Brücke über den Kermisdahl und die Wetering, die Karla Hartwig gestiftet hat.
Von Kleve nach Moyland





Mehr als dreißig Jahre lang lebte Prinz Johann Moritz von Nassau in Kleve – von 1647 bis zu seinem Tod im Jahr 1679. Gekommen war er als Statthalter des Kurfürsten von Brandenburg, dem das Herzogtum Kleve einige Jahrzehnte zuvor erblich zugefallen war. Obwohl Johann Moritz also eine wichtige politische Funktion hatte, blieb seine wahre Leidenschaft doch stets das "Bauen, Graben und Pflanzen" - die Entwicklung und Umsetzung kühner Garten- und Parkprojekte. Sein Beiname lautete "der Brasilianer", denn von 1637 bis 1644 war er als Gouverneur der niederländischen "Westindischen Compagnie" in Brasilien tätig gewesen. Dort hatte er vielerlei Erfahrungen auch mit der exotischen Pflanzenwelt machen können. Aber erst mit den Gärten und Parks rund um Kleve schuf er sein eigentliches Lebenswerk. Hier ließ er sich schließlich nahe des Papenbergs auch beisetzen. Das noch erhaltene Grabmal ist heute allerdings ein "Kenotaph" – eine Grabstätte ohne Leichnam. Denn schon sechs Monate nach seinem Tod wurde der Prinz nach Siegen in das Grabgewölbe des Hauses Nassau-Siegen überführt.
Stand der Angaben: Magazin der NRW-Stiftung 2/2008
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